Der rosa bis blauviolett blühende Mönchspfeffer (Vitex agnus castus), welcher im Volksmund auch unter dem Namen Keuschbaum oder Keuschlamm bekannt ist, galt im Altertum als klassisches Schutzkraut der Jungfrauen und Enthaltsamen. Heute weiß man jedoch, dass die Heilpflanze ihrem keuschen Namen alles andere als gerecht wird. Vielmehr besitzt sie Eigenschaften eines Aphrodisiakums und dient als klassisches Frauenheilkraut eher der Linderung von prämenstruellen Beschwerden, denn zum Erhalt der Jungfräulichkeit. Mit Vorsicht genießen sollten Frauen Mönchspfeffer aber während der Schwangerschaft.
Was ist Mönchspfeffer? – Einzelheiten zu Ursprung und Geschichte des Vitex agnus castus
Der Mönchspfeffer gehört zur Lippenblütlergattung der Vitex. Seine botanische Fachbezeichnung Vitex agnus castus leitet sich dabei aus dem Altgriechischen ab und bedeutet übersetzt soviel wie ‚Geflecht des keuschen Lammes‘ oder ‚Keuschlammgewächs‘. Sträucher der Gattung Mönchspfeffer können eine Höhe von bis zu 4 Metern erreichen und muten deshalb oftmals wie kleine Bäume an. Legenden zu folge soll die griechische Göttin Hera, Gemahlin des Göttervaters Zeus, unter einem solchen Vitexbaum geboren worden sein. Darüber hinaus nutzte die göttliche Dame die keuschheitsfördernden Essenzen des Mönchspfeffers regelmäßig, um ihre Jungfräulichkeit nach der Liebesvereinigung mit ihrem Gatten durch ein rituelles Bad wiederherzustellen.
Auch im Alltag der antiken Bevölkerung genoss Mönchspfeffer einen hohen Stellenwert. Als wichtiger Bestandteil zahlreicher Reinigungsrituale nutzten die Menschen der Antike die Zweige und Blätter des Vitex agnus castus unter anderem zur Anfertigung von Fastenlagern und Brautkränzen, zur Götteranrufung, sowie zum Würzen von Tees, Ritualtränken oder Fastenmahlzeiten.
Neben dem Mittelmeerraum gelten vor allem ufernahe Gebiete Südwestasiens sowie der Krim als ursprüngliche Heimat des Mönchspfeffers. Seinen Weg nach Mitteleuropa fand das Kraut erst durch den gezielten Anbau in mittelalterlichen Klostergärten. Ihre keusche Bedeutung verlor die Heilpflanze dabei nicht, wurde sie von den im Zölibat lebenden Geistlichen doch hauptsächlich zur Abschwächung der Libido genutzt. Eine recht kontraproduktive Vorgehensweise, bedenkt man, dass Mönchspfeffer in der modernen Heilkunde zu den libidosteigernden Gewächsen zählt.
Fruchtbarkeit statt Keuschheit – die hormonelle Wirkung von Mönchspfeffer
Einen ersten schriftlichen Beleg für die zölibatäre Nutzung von Mönchspfeffer lieferte der einstige Fürstbischof von Genf Franz von Sales zu Beginn des 17. Jahrhunderts in seinem Buch ‚Philothea – Anleitung zum frommen Leben‘. Hier heißt es wörtlich:
„Wer sich auf das Kraut Agnus castus bettet, wird selbst keusch und schamhaft. So wird auch dein Herz von jeder Makel und böser Lust gereinigt, wenn es im Heiland ruht, dem wahrhaft reinen und makellosen Lamm.“
Dass der Geistliche sich bezüglich der Wirkung des Vitex agnus castus grundlegend irrte, wurde erst Jahrhunderte später entdeckt. Tatsächlich dient Mönchspfeffer nämlich nicht der Libidohemmung, im Gegenteil. Schon bei geringer Dosierung kann das vermeintliche Keuschheitsgewächs die Lust steigern und zudem auch die Bildung von Gelbkörperhormonen anregen, welche für die weibliche Fruchtbarkeit unerlässlich sind.
Ebenfalls positiv auf die Einnahme von Mönchspfeffer reagieren Östrogene, die erheblichen Einfluss auf den menstruellen, prämenstruellen und menopausalen Körperzyklus der Frau haben. Insgesamt werden den pflanzlichen Bestandteilen von Mönchspfeffer im Bereich der Frauenheilkunde folgende Wirkungen zugeschrieben:
- Anregung der Libido bzw. Fruchtbarkeit
z.B. durch Aktivierung entsprechender Hormone - Linderung klassischer Beschwerden des prämenstruellen Syndroms (PMS)
z.B. schwankende Gemütszustände, Heißhunger, spannende oder schmerzende Brüste - Linderung klassischer Beschwerden während des Zyklus
z.B. Unterleibsschmerzen, Krämpfe oder starke Blutungen - Regulierung des Zyklus
z.B. Behebung von Zyklusunregelmäßigkeiten oder ausbleibenden Zyklen - Linderung klassischer Wechseljahrsbeschwerden
z.B. Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Reizbarkeit
Des Weiteren findet Mönchspfeffer Anwendung bei der Behandlung von Angstzuständen, Gelenkbeschwerden, Impotenz, Kopfschmerzen, Zahn- oder Atemwegsbeschwerden, sowie zur Abwehr von Zecken und anderen blutsaugenden Parasiten.
Inhaltsstoffe von Mönchspfeffer
Die Hauptwirkstoffe des Mönchspfeffers, welche eine Hormonregulation bei Wechseljahrsbeschwerden, schmerzhaftem oder unregelmäßigem Menstruationszyklus erwirken, sind aller Wahrscheinlichkeit nach Diterpene. Die chemischen Verbindungen gehören zu den sekundären Pflanzenstoffen und besitzen eine Reihe stabilisierender Effekte auf gestörte Hormonabläufe im menschlichen Körper.
Unterstützend dürfte sich in diesem Zusammenhang auch der Bitterstoff Castin auswirken. Insbesondere was die Bildung von Bauchspeicheldrüsenhormonen anbelangt wird Bitterstoffen immer wieder eine positive Wirkung zugeschrieben. Weitere Inhaltsstoffe, die bei der Heilwirkung von Mönchspfeffer eine wichtige Rolle spielen, sind:
- ätherische Öle
- Flavone
- Flavonoide
- Iridoidglykoside
Anwendung und Gegenanzeigen – Vorsicht bei Mönchspfeffer in der Schwangerschaft –
Besonders gut lässt sich Mönchspfeffer in Teeform einnehmen. Dabei reichen 1 bis 2 Teelöffel der Heilpflanze für eine Tasse Tee völlig aus. Auch als Tinktur oder fertiges Extrakt ist Vitex agnus castus in jeder Apotheke erhältlich, wobei täglich nicht mehr als dreimal 10 bis 15 Tropfen eingenommen werden sollten.
Nicht zu empfehlen ist die Anwendung von Mönchspfeffer für sehr junge Frauen, werdende und stillende Mütter. Da der weibliche Körper während der Schwangerschaft bzw. der Pubertät besonders sensibel auf hormonelle Veränderungen reagiert, könnte der Einfluss der Heilpflanze auf den Östrogenspiegel hier zu ernsthaften Nebenwirkungen führen. Gleiches gilt für Personen, die eine hormonell bedingte Krankheit (z.B. Brustkrebs) aufweisen. Ein veränderter Hormonspiegel verursacht in diesem Fall möglicherweise eine Verschlechterung des Krankheitsbildes.
Fazit
Mönchspfeffer ist definitiv kein Heilmittel zur Förderung der Keuschheit einer Person. Durch seine hormonelle Wirksamkeit kann es aber Fruchtbarkeit unterstützen, den weiblichen Zyklus regulieren und sogar bei unerfülltem Kinderwunsch helfen. Entscheidend für die Heilwirkung ist dabei das Zusammenspiel sekundärer Pflanzenstoffe, die es vermögen, den menschlichen Hormonhaushalt wieder ins Lot zu bringen. Während der Schwangerschaft, Stillzeit und im frühen Stadium der weiblichen Entwicklung ist von der Einnahme des Heilkrauts allerdings abzuraten.