
Kurz- und Weitsichtigkeit, grauer oder grüner Star und Astigmatismus – die Palette der Erkrankungen, welche das menschliche Auge betreffen, ist lang. Nicht jedes der genannten Krankheitsbilder lässt sich mit einer Brille korrigieren. Allerdings gehört das „Nasenfahrrad“, wie die Brille immer wieder gern scherzhaft genannt wird, für eine zunehmend breitere Bevölkerungsschicht zum täglichen Begleiter. Studien zeigen, dass bereits mehr als die Hälfte der Deutschen auf eine Sehhilfe angewiesen ist.
Haben Sie auch das Gefühl, im Alltag schlechter zu sehen und müssen sich beim Lesen anstrengen, wäre ein Besuch beim Augenarzt angebracht. Wer hier mit der Aussage des Augenarztes zu einer sich entwickelnden Fehlsichtigkeit konfrontiert wird, stellt sich eine Frage: Was bezahlt meine Krankenkasse?
Brillen und Kontaktlinsen sind Hilfsmittel

Grundsätzlich gehören Sehhilfen – also Brillen und Kontaktlinsen – zu den Hilfsmitteln. Und entsprechend dieser Tatsache tauchen auch Sehhilfen im 5. Sozialgesetzbuch auf, das sich eingehend mit den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen befasst. Leider hat der Gesetzgeber hier in den vergangenen Jahren entscheidende Änderungen vorgenommen. Als Erwachsener haben Sie auf die Kostenübernahme Ihrer Brille nur noch dann Anspruch, wenn eine dringende medizinische Indikation vorliegt. § 33 Abs. 2 SGB V bleibt an dieser Stelle auf den ersten Blick leider etwas ungenau – er spricht von einer schweren Sehbeeinträchtigung als Anspruchsgrund für die Kostenübernahme.
Etwas genauer wird die Aussage, wenn als Basis die Klassifikation der WHO (Weltgesundheitsorganisation) für die Sehbeeinträchtigung herangezogen wird. Erreicht Ihre Fehlsichtigkeit auf beiden Augen in diesem Zusammenhang Klasse 1, übernimmt die Krankenkasse entsprechende Leistungen. In der Praxis bedeutet dies, dass Sie selbst mit dem Hilfsmittel Brille nur noch eine maximale Sehleistung von 30 Prozent erreichen.
Deutlich bessere Karten hat dagegen Ihr Nachwuchs. Für alle Versicherten der gesetzlichen Krankenkasse unter 18 Jahren schreibt § 33 Abs. 2 SGB V einen Anspruch auf die Versorgung mit Sehhilfen fest. Allerdings gilt in beiden Fällen – also wenn Sie oder Ihre Kinder eine Brille brauchen – dass die Kassen nicht das Komplettpaket finanzieren. Im Regelfall werden nur die Kosten der Brillengläser übernommen, das Gestell müssen Sie aus eigener Tasche finanzieren. In welcher Art und Weise Brillengläser als Leistung der Kasse in Frage kommen, regeln die Hilfsmittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in § 14 detailliert.
Wichtig: Sehhilfen wie Brillengläser können nur dann von Ihrer Krankenkasse übernommen werden, wenn sie auf einer ärztlichen Verordnung ruhen. Einzig und allein die Folgeversorgung von Jugendlichen wird hier etwas lockerer gehandhabt. Zwischen dem 15. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr bzw. bei einer Ersatzbeschaffung bis zum vollendeten 14. Lebensjahr innerhalb von drei Monaten ist die augenärztliche Verordnung nicht zwingend nötig – sofern sich zwischenzeitlich keine deutliche Verschlechterung der Sehkraft ergeben hat.
Kontaktlinsen gibt´s nur in Ausnahmefällen
Die Anspruchsvoraussetzungen für Brillengläser, die Ihre Krankenkasse übernehmen soll, sind bereits recht hoch. Noch weiter müssen Sie sich allerdings strecken, wenn es um Kontaktlinsen geht. Letztere sind als Kassenleistung eher Ausnahmefälle – es müssen zwingende medizinische Gründe vorliegen, um diese als Leistung der GKV in Anspruch nehmen zu können.
Beispielsweise muss Ihr Augenarzt eine Kurz- bzw. Weitsichtigkeit von mindestens acht Dioptrien festgestellt haben. Des Weiteren besteht ein Anspruch auf die Versorgung mit Kontaktlinsen unter anderem bei:
- irregulärem Astigmatismus (Kontaktlinse muss eine Verbesserung von wenigstens 20 Prozent gegenüber der Brille versprechen)
- Keratokonus
- Aphakie
- Anisometropie (mindestens zwei Dioptrien)
- Astigmatismus rectus/inversus (mindestens drei Dioptrien) usw.
Allerdings können Sie sich nicht einfach frei für eine Kontaktlinse Ihrer Wahl entscheiden. Zuerst wird es zu einer Verordnung von formstabilen Linsen kommen. Und erst wenn sich abzeichnet, dass diese nicht tragbar sind, kommen als Kassenleistung weiche Kontaktlinsen in Frage.
Aus dem Leistungskatalog der GKV übrigens generell ausgeschlossen sind Linsen als postoperative Versorgung, wenn diese nach einem nicht von der Kasse gedeckten Eingriff gebraucht werden, oder wenn es sich um 1-Day- und colorierte Kontaktlinsen handelt. Darüber hinaus außen vor bleiben auch die entsprechenden Pflegemittel für Ihre Kontaktlinsen.
Wichtig: Da Brillen und Kontaktlinsen zu den Hilfsmitteln gehören, fallen für Sie als Patient entsprechende Zuzahlungen an – und zwar in Höhe von zehn Prozent der Verordnung, mindestens aber in Höhe von fünf Euro bzw. höchstens zehn Euro.
Und zum Schluss noch ein Tipp an alle Privatversicherten. Ob Ihre PKV die Kosten für eine Sehhilfe übernimmt und inwiefern generell eine ärztliche Verordnung nötig ist, hängt maßgeblich von den Versicherungs- bzw. Tarifbestimmungen ab. Gerade in hochwertigen Tarifen kann es durchaus vorkommen, dass neben den Gläsern auch das Gestell durch den Versicherer getragen wird.