Der Begriff „Kollagenose“ beschreibt verschiedene, autoimmune Entzündungsreaktionen, die vor allem das Bindegewebe, gelegentlich auch Blutgefäße betreffen. In gewisser Weise sind sie eine Sonderform von entzündlichem Rheuma und können an allen von Bindegewebe umgebenen Organen auftreten. Durch die Vielzahl an Arten ergibt sich bisweilen ein stark variierendes Beschwerdebild. Lesen Sie in diesem Ratgeber mehr über Entstehung, Symptome sowie Möglichkeiten der Behandlung.
Wie entstehen Kollagenosen?
Kollagen ist ein Strukturprotein, das sowohl im Bindegewebe und in der Haut, als auch in den Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern und Zähnen vorhanden ist. Bei einer Kollagenose bildet das Immunsystem jedoch Antikörper gegen dieses natürliche Protein. Da Kollagen mit gut 30 % den größten Teil aller körpereigenen Proteine stellt, können autoimmune Reaktionen einer Entzündung hier sehr verheerend ausfallen. Dabei verläuft die Kollagenose im Normalfall chronisch und zeichnet sich durch Schübe aus, die sich mit Phasen ohne Symptome abwechseln können.
Gemeinsam mit der Vasculitis gehören Kollagenosen zu den sogenannten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Es handelt sich in beiden Fällen um einen Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen aus dem Formkreis der Autoimmunerkrankungen. Der Begriff Vasculitis (oder auch Vaskulitiden) beschreibt dabei entzündliche Gefäßerkrankungen wie Polyarteriitis, Morbus Behcet oder das Kawasaki-Syndrom. Kollagenosen sind hingegen entzündliche Erkrankungen im Bindegewebe und lassen sich als Form von entzündlichem Rheuma bezeichnen. Auch sie können im Bereich der Gefäße auftreten, konzentrieren sich in der Regel jedoch auf die Strukturen des Bindegewebes im Körper. Zu den möglichen Erkrankungen gehören:
- Buschke- Ollendorf-Syndrom – die Kollagenose führt zu krankhaften Haut- und Skelettveränderungen sowie zu Muttermalen im Bindegewebe.
- CREST-Syndrom – die Kollagen-Antikörper wirken sich schädlich auf die Blutgerinnung aus, sodass es zu Thrombosen oder verstärkter Blutungsneigung kommen kann.
- Polymyositis – Polymyositis betrifft vor allem Bindegewebe im Bereich der Muskulatur.
- Dermatomyositis – zusätzlich zu einer bestehenden Polymyositis treten Veränderungen an der Haut sowie Gelenk- und Organschäden auf.
- Sjögren-Syndrom – häufigste Kollagenoseform, die sich durch Mund- und Augentrockenheit sowie geschwollene Ohrspeicheldrüsen bemerkbar macht.
- Sklerodermie – durch eine Verhärtung des Bindegewebes können sich im Gesicht Verkrampfungen und Starre ergeben. An den Extremitäten kann es zu Pigmentveränderungen, Nekrosen und Durchblutungsstörungen kommen, die zu starken Schmerzen und eingeschränkter Beweglichkeit führen. Auch ein Raynaud-Syndrom lässt sich häufig beobachten.
- Systemischer Lupus erythematodes (SLE) – Systemischer Lupus zeichnet sich durch Entzündungen an den Nieren, der Haut und den Gelenken aus. Des Weiteren zeigen Patienten mit dieser Form von Lupus häufig eine erhöhte Lichtempfindlichkeit, neurologische Auffälligkeiten und Anzeichen des Raynaud-Syndroms.
- Sharp-Syndrom – das auch als Mischkollagenose bekannte Sharp-Syndrom ist eine Mischung aus Lupus erythematodes, Sklerodermie, Polymyosithis und rheumatischer Arthritis.
Ursachen für eine Kollagenose
Besonders häufig von Kollagenosen betroffen sind Frauen mittleren Alters. Das weibliche Immunsystem scheint also (eventuell aus hormonellen Gründen) besonders anfällig für Erkrankungen dieser Art zu sein. Darüber hinaus treten die Krankheiten oft in Kombination mit einer Vasculitis auf. Insbesondere Vaskulitiden wie Polyarteriitis nodosa und Rheuma sind häufige zusätzliche Erkrankungen. Aus diesem Grund liegt der Verdacht nahe, dass Vasculitis und Kollagenose einen gemeinsamen Ursprung haben.
Die genauen Ursachen sind medizinisch jedoch noch weitestgehend ungeklärt. Lediglich eine Verbindung zu genetischen Dispositionen konnte bislang erkannt werden. Hierzu zählt neben dem weiblichen Geschlecht vor allem eine spezifische Antigenaufstellung von Immunzellen (HLA-DR2-positiv, HLA-DR3-positiv). Ebenso können psychische Belastung, Stress, Hormonschwankungen sowie medikamentöse Nebenwirkungen Einfluss auf die Entstehung von Kollagenosen nehmen.
Symptome einer Kollagenose
Die Symptome von Kollagenosen unterscheiden sich je nach Art der Erkrankung. Auch lassen sich die Beschwerden bei gemeinsamen Auftreten mit Vasculitis nicht immer eindeutig zuordnen. Dennoch gibt es einige Symptome, die bei nahezu allen Patienten verbreitet sind. Hierzu zählen neben Abgeschlagenheit und einem allgemeinen Krankheitsgefühl auch Fieber, Gewichtsverluste sowie Gelenk- und Bewegungsschmerzen. Weiterhin können folgende Symptome auftreten:
- Mund- und Augentrockenheit
- Gelenkschmerzen
- Müdigkeit
- Abgeschlagenheit
- Fieber
- Gewichtsreduktion
- Hautveränderungen
- Lichtempfindlichkeit
- Thoraxschmerzen
- Anämie
- Blaufärbungen
- verfärbter Urin
- Ödeme
Diagnose und Therapie
Die Diagnose einer Kollagenose gestaltet sich aufgrund ihrer variablen Symptome häufig schwierig. Allerdings wurde vom American College of Rheumatology ein Kriterienkatalog erarbeitet, bei dem die Feststellung der Erkrankung erst durch das Erfüllen spezifischer Kriterien als gesichert gelten darf. Das Aufsuchen unterschiedlicher Fachärzte (z.B. eines Rheumatologen) ist in jedem Fall empfehlenswert, um einen umfangreichen Befund zu erhalten. Die Labordiagnostik ist hierbei von großer Bedeutung, denn nur durch Bluttests lassen sich gegen Kollagen gebildete Antikörper nachweisen. Ebenso können Begleiterkrankungen wie Rheuma, Lupus erythematodes und Polyarteriitis im Labor einfacher entdeckt werden. Liegt aufgrund von klaren Beschwerden der Verdacht eines Organschadens nahe, entnehmen Ärzte darüber hinaus eine Gewebeprobe mittels Biopsie. Ergänzend sind zur Sicherung eines ersten Befundes weitere Verfahren der Diagnostik wie Urintests und Röntgen denkbar.
Die Behandlung einer Kollagenose richtet sich nach den betroffenen Organen, Symptomen und dem Schweregrad der Beschwerden. Eine vollständige Heilung ist allerdings nicht möglich, sodass hauptsächlich palliative Maßnahmen zur Behandlung zum Einsatz kommen:
- Behandlung durch Medikamente: Zur Unterdrückung autoimmuner Entzündungsreaktionen verwenden Ärzte nichtsteroidale Antiphlogistika (z.B. Iboprofen, Diclofenac, Paracetamol), Cortison und Mittel wie Chloroquin und D-Penicillamin. Die immunsuppressive Wirkung der Medikamente ist nicht in jedem Fall gleich gut. Zu Beginn muss häufig das Präparat gewechselt werden, um einen geeigneten Wirkstoff zu finden. Da Immunsuppressiva immer auch zu einer gesteigerten Infektanfälligkeit des Körpers führen, sollten Sie Ihr Immunsystem während der Einnahme besonders gut mit vitaminreicher Kost stärken.
- Hausmittel gegen Symptome: Zur Linderung von Augen- und Mundtrockenheit empfiehlt sich die Aufnahme von reichlich Flüssigkeit (2 – 3 l täglich) und der Einsatz von Augentropfen. Gegen Beschwerden des Raynaud-Syndroms sollte hingegen bei kalten Temperaturen auf wärmende Kleidung geachtet werden, die vor allem Finger und Zehen zusätzlich schützt. Patienten die an systemischem Lupus erkrankt sind, benötigen wiederum umfassenden Sonnenschutz zur Vermeidung von Hautirritationen.
- Bewegungstherapie: Gegen Gelenkschmerzen und Bewegungseinschränkungen (z.B. bei Sklerodermie oder systemischem Lupus) kann die Anwendung einer Physiotherapie Abhilfe schaffen. Hierbei werden spezielle Übungen erlernt, die die Schmerzanfälligkeit senken und die Beweglichkeit dauerhaft erhalten können.
Kollagenosen – Verlauf, Komplikationen und Prävention
- Der Verlauf der Erkrankung ist abhängig von den betroffenen Organen und dem frühzeitigen Einsetzen der Therapie. Kollagenosen wie das Sharp-Syndrom und das Sjörgen-Syndrom können durch eine frühzeitige Behandlung gut therapiert werden. So erleiden Betroffene oft keine ernsthaften Schädigungen. Eine Sklerodermie oder Dermatomyositis weist hingegen einen gefährlicheren Verlauf auf, der je nach Schweregrad der entstandenen Gewebeschäden zu Organversagen und dem Tod führen kann.
- Da die Ursache einer Autoimmunerkrankung von genetischen Faktoren abhängig ist, lässt sich die Entstehung einer Kollagenose nicht durch Vorsorge verhindern. Dennoch können Betroffene ihren Körper durch eine schonende Behandlung und gesundheitsfördernde Maßnahmen (ausreichend Flüssigkeit, gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung) kräftigen und auftretende Beschwerden mildern. Zur Bewältigung dieser schwierigen Situation sind zudem Selbsthilfegruppen für Kollagenose-Patienten sinnvoll, die hilfreiche Informationen und Unterstützung bieten.
Fazit
Kollagenosen sind eine Spezialform von entzündlichem Rheuma und umfassen eine Reihe unterschiedlicher Autoimmunerkrankungen. Diese zeichnen sich durch eine chronische Entzündung im Bindegewebe des Körpers aus. Bei Kollagenosen wie Sklerodermie oder systemischem Lupus kommen ferner Durchblutungsstörungen und Gelenkschmerzen hinzu. Auch Mischformen und Begleiterkrankungen aus dem Bereich der Vasculitis können bei Kollagenosepatienten auftreten. Ausgelöst wird die Erkrankung durch eine Störung des Immunsystems, die zur Produktion von Antikörpern gegen körpereigene Kollagenproteine führt. In der Folge kommt es zu Schäden am Bindegewebe, sowie an Blutgefäßen und umliegenden Organen. Die Diagnose und Behandlung einer Kollagenose gestaltet sich derzeit noch als schwierig, da die genaue Ursache für Kollagenosen noch nicht geklärt ist. Rheumatologen und andere Fachärzte vermuten jedoch genetische Dispositionen, sowie eine besondere Affinität des weiblichen Geschlechts hinter der Erkrankung.