Vor noch knapp 100 Jahren galt die Bleivergiftung als eine typische Berufskrankheit der Malerei. Durch die damals meist bleihaltigen Farben, die beim Malen verwendet wurden, gelangten große Mengen an Blei über die Atemwege in das Blut der Künstler, weshalb sie in Sachen Bleivergiftung eine besondere Risikogruppe darstellten. Während die Verwendung von Blei in der Farbherstellung aus gesundheitlichen Gründen inzwischen jedoch deutlich eingeschränkt wurde, hat sich das Vergiftungsrisiko für alle anderen Gesellschaftsgruppen deutlich erhöht. Lesen Sie hier weshalb.
Wie entsteht eine Bleivergiftung?
Als Bleivergiftung (Saturnismus) ist in der Medizin eine besondere Form der Intoxikation definiert, bei welcher der Organismus ein schädliches Maß an Blei oder Bleiverbindungen aufnimmt. Diese gelangen im Laufe der Vergiftung über die Blutbahn bis ins Gehirn, aber auch in die Nieren und andere sensible Körperregionen, wo Blei nicht nur Schädigungen des Nervensystems verursachen kann. Auch Zell- und Blutbildung reagieren auf erhöhte Bleiwerte im Körper mit Störungen, die bis zu Organ- und Kreislaufversagen führen können. Des Weiteren steigt durch dauerhafte Bleibelastung das Krebsrisiko rapide an. Selbst die Fortpflanzungsfähigkeit eines Patienten kann durch hohe Dosen Blei nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen werden.
Eine Untersuchung von menschlichem Knochenmaterial ergab vor einigen Jahrzehnten, dass die Bleibelastung für den Menschen in den letzten 5000 Jahren um gut das Zehnfache gestiegen ist. Dabei absorbiert der Körper heutzutage schätzungsweise bis zu 30 µg Blei pro Tag. Der Wert weicht stark von den offiziellen Toleranzwerten der WHO ab, denen zu Folge ein Erwachsener nicht mehr als 3,5 µg Blei täglich aufnehmen sollte.
Gründe für diese ungesunden Zahlen, die das Risiko einer Bleivergiftung bei Jung wie Alt drastisch erhöhen, liegen laut Expertenmeinung unumstritten in der Umweltverschmutzung dieser Tage begründet. So führen manche Flüsse inzwischen bis zu 2000 Tonnen bleihaltige Verbindungen mit sich, die unter anderem durch die illegale Entsorgung von Industrieabwässern ins Grundwasser gelangen. In diesem Zusammenhang können folgende Gründe für eine Bleivergiftung am Menschen verantwortlich sein:
Bleivergiftung durch Schadstoffe in der Luft
z.B. durch Auto- und Fabrikabgase oder bleihaltige Wandfarbe
Bleivergiftung durch schadstoffbelastete Lebensmittel
z.B. durch Pflanzenschutzmittel oder toxische Kulturböden
Vergiftung durch bleihaltige Verbindungen im Trinkwasser
z.B. durch industrielle Abwässer oder illegale Entsorgung von Industrieabfall und Technik
sonstige Ursachen für Bleivergiftung
z.B. Blei in Zahnfüllungen oder mit Blei gestreckte Rauschmittel
Symptome bei Bleivergiftung
Die Symptome einer Bleivergiftung sind sehr abhängig vom Alter der Patienten. Leiden Kinder beispielsweise schon sehr früh an einer Vergiftung durch Blei, so können psychomotorische Entwicklungs- und Intelligenzstörungen auftreten. Bei Erwachsenen sind häufig sensorische und neurologische Symptome zu beobachten. Natürlich sind auch Allgemeinbeschwerden wie Übelkeit, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit nicht auszuschließen. Zusammenfassend lassen sich folgende Beschwerden mit einer Bleivergiftung in Verbindung bringen:
- kognitive Störungen und Kopfschmerzen (ab 100 bis 200 µg Blei im Blut)
- komplikative Schwangerschaft oder Fortpflanzung (ab 140 bis 200 µg Blei im Blut)
- motorische Störungen (ab 300 bis 500 µg Blei im Blut)
- Schäden an den Nieren und Verdauungsorganen (ab 100 bis 500 µg Blei im Blut)
- Nervenschäden und Nervenlähmungen (ab 600 bis 800 µg Blei im Blut)
- Symptome einer Enzephalopathie (ab 800 bis 1200 µg Blei im Blut)
Bleivergiftung behandeln
Um eine Vergiftung durch Blei festzustellen, helfen dem Arzt nicht allein die Bleiwerte im Blut. Auch der Urin, die Haare, Fingernägel und Zähne nehmen Blei nach einer gewissen Zeit der Dauerbelastung auf. Entsprechende Labortests und Abstriche sind neben der Patientenbefragung somit das wichtigste Hilfsmittel zur Diagnose einer Bleivergiftung.
Wurde die Vergiftung erkannt, hängt die Behandlung in erster Linie von der Dauer und Intensität der Vergiftung ab. Hat der Patient die schädliche Menge Blei unmittelbar vor dem Arztbesuch aufgenommen und noch nicht verdaut, wenden Ärzte Brechmittel und Natriumsulfatlösungen zur Magenspülungen an, um die Bleilastung zu neutralisieren. Des Weiteren ist der Einsatz von Aktivkohle möglich, welche Bleiionen zuverlässig bindet.
Hält die Bleivergiftung allerdings schon länger an, könnte das Blut des Patienten bedenklich mit Blei durchsetzt sein. Hier kommen dann nur noch starke Wirkstoffe wie Chelatbildner in Frage, die Bleiverbindungen selbst aus sensiblen und schwer zugänglichen Körperregionen schleusen können und im Anschluss zur Ausscheidung an die Nieren weiter leiten. Es sei jedoch erwähnt, dass Chelate bisweilen sehr starke Nebenwirkungen haben und nur unter ärztliche Aufsicht eingenommen werden dürfen.
Bleivergiftung – Wann zum Arzt?
Die Frage ‚Wann zum Arzt?‘ ist bei Bleivergiftung eigentlich überflüssig. In Anbetracht der zahlreichen Gesundheitsschäden, die durch eine Vergiftung dieser Art entstehen können, ist bei jedwedem Verdacht sofort ein Arzt aufzusuchen, um so schnell wie möglich die Genesung ein- und das schädliche Blei ausleiten zu können.
Bleivergiftung vorbeugen – so gelingt’s
- Kaufen Sie Lebensmittel nur aus kontrolliertem Anbau und informieren Sie sich vorab auch über die Wasserqualität in Ihrer Wohnumgebung. In der Nähe von Industriegebieten ist die Bleibelastung des Grundwasserspiegels erfahrungsgemäß höher, als in industriefernen Wohngebieten. Auch die Bodenqualität kann dabei durch bleihaltige Gewässer verunreinigt sein.
- Sofern Sie in einem Beruf arbeiten, in dem bleihaltige Abgase und Dämpfe zum Alltag gehören, sind Sie mit einem Mundschutz gut beraten. Werden Sie hierin nicht nachlässig, denn jeder weitere Atemzug in bleibelasteter Luft, könnte zu lebenslangen Gehirn-, Organ- und Nervenschäden führen.
- Unterschätzt werden in Sachen Bleivergiftung Rausch- und Genussmittel. Insbesondere Zigaretten und berühmt berüchtigte Party-Drogen beinhalten häufig Streckmittel, die Blei oder zumindest Bleiverbindungen aufweisen. Entsagen Sie entsprechenden Substanzen daher am besten vollständig.
Fazit
Bleivergiftungen sind eine ernste Sache und aktueller denn je. Der schädliche Einfluss von Blei auf den menschlichen Körper soll sich Studien zufolge in den letzten 5000 Jahren nahezu verzehnfacht haben, was primär am industriellen Fortschritt, sowie den damit verbundenen Industrieschadstoffen liegt. Versuchen Sie daher, bleihaltiger Schadstoffbelastung in Wasser, Luft und Erde so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen. Bei konkretem Verdacht auf eine Vergiftung duldet der Arztbesuch keinen Aufschub.