Ein gemütliches Bier zum Feierabend, ein Cocktail auf der Party oder ein Glas Wein im Restaurant – Alkohol gehört hierzulande für viele Menschen als Genussmittel zum Alltag. Leider bleibt es nicht immer beim gelegentlichen Drink – viel zu häufig entwickelt sich aus dem Trinken früher oder später eine Gewohnheit.
Laut Bundesgesundheitsministerium pflegen in Deutschland fast 8 Millionen Erwachsene einen gesundheitlich riskanten Alkoholkonsum, bei weiteren 9 Millionen ist die konsumierte Menge zumindest als problematisch einzustufen. Doch wo verläuft die Grenze zwischen risikofreiem Genuss und Alkoholabhängigkeit? Wir erklären, wie Sie Ihr eigenes Suchtrisiko richtig einschätzen.
Alkoholabhängigkeit ist keine Willensschwäche
Unter dem Begriff Alkoholsucht können sich die meisten Menschen etwas vorstellen. Leider sind diese Vorstellungen nicht immer korrekt. So wird eine Alkoholabhängigkeit vielfach noch immer als Charakterschwäche oder fehlende Willensstärke abgestempelt. Derartige Klischees stigmatisieren nicht nur Betroffene und deren Angehörige, sondern vermitteln auch ein völlig falsches Bild von der Erkrankung. Tatsächlich ist die Alkoholabhängigkeit nämlich bereits seit den 1950er Jahren als solche anerkannt und wird auch in den internationalen Diagnoseverzeichnissen der WHO und anderen Institutionen als solche geführt.
Daran erkennen Sie eine Alkoholabhängigkeit
- Es besteht ein starkes Verlangen nach dem Konsum von Alkohol.
- Das Rauschmittel wird immer mehr zum Lebensmittelpunkt.
- Eine Toleranzwirkung setzt ein, sodass immer mehr getrunken werden muss, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
- Bei Ausbleiben der gewohnten Trinkmenge setzen Entzugserscheinungen ein.
- Der Konsum wird trotz negativer Auswirkungen weitergeführt.
- Die Kontrolle über Beginn, Menge und Häufigkeit des Konsums geht zunehmend verloren.
Wichtig: Um als Alkoholiker diagnostiziert zu werden, müssen nicht alle der obigen Kriterien zutreffen. Es genügt bereits, wenn drei der obigen sechs Merkmale im letzten Jahr gemeinsam aufgetreten sind.
Risiken eines hohen Alkoholkonsums
Wer zu viel trinkt, kann dadurch langfristig Schaden nehmen: Alkoholmissbrauch vermindert die Gedächtnisleistung, erhöht das Krebsrisiko und kann weitere schwerwiegende körperliche, psychische und soziale Folgen haben. Doch ab wann spricht man eigentlich von einem gefährlichen Konsum? Aktuelle Forschungen haben herausgefunden, dass schon kleine Mengen Alkohol als eher gesundheitsschädlich eingestuft werden müssen.
So viel Alkohol ist noch okay
Die Kampagne Alkohol? Kenn dein Limit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erklärt risikoarmen Konsum folgendermaßen:
- Männer sollten pro Tag nicht mehr als zwei Standardgläser (1 Standardglas = 0.3 Liter Bier, 0.125 Liter Wein oder 4 cl Schnaps) und
- Frauen nicht mehr als ein Standardglas pro Tag zu sich nehmen.
- Darüber hinaus werden zwei alkoholfreie Tage pro Woche empfohlen.
Wer diese Menge überschreitet, pflegt automatisch einen riskanten Konsum.
Selbsttest: Habe ich ein Alkoholproblem?
Zugegeben, den eigenen Alkoholkonsum realistisch einzuschätzen, ist nicht ganz einfach. Wer zählt schon bei jedem Glas mit? Und schließlich gehört Alkohol doch bei vielen gesellschaftlichen Anlässen einfach dazu. Da kann man doch schlecht „nein“ sagen, oder?
Wer wirklich prüfen möchte, ob er ein Alkoholproblem hat, sollte sich in derartige Ausflüchte nicht verstricken. Denn nur wer das eigene Trinkverhalten kritisch hinterfragt, kommt zu einer realistischen Einschätzung. Helfen können dabei verschiedene Tests, wie zum Beispiel der CAGE-Fragebogen. Dieser besteht aus vier Fragen:
- Haben Sie schon einmal den Gedanken gehabt, dass Sie weniger trinken sollten?
- Haben Sie sich schon einmal über jemanden geärgert, der Sie aufgrund Ihres Trinkverhaltens kritisiert hat?
- Haben Sie wegen Ihres Trinkverhaltens schon einmal schuldig gefühlt oder andere negative Gefühle erlebt?
- Haben Sie schon einmal früh am Morgen etwas getrunken, um dadurch einen Kater oder negative Gefühle loszuwerden oder Ihre Nerven zu beruhigen?
Die Auflösung ist ganz einfach: Für jede Frage, die Sie mit „Ja“ beantworten, gibt es einen Punkt. Haben Sie mehr als zwei Punkte, können Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht ausgeschlossen werden.
Rechtzeitige Behandlung kann Risiko von Folgeschäden mindern
Alkohol und hoher Blutdruck, Alkohol und Depressionen oder Alkohol und Krebs – Deutschlands liebstes Rauschmittel kann bei übermäßigem Konsum zu schweren gesundheitlichen Folgen führen und eine Abhängigkeitserkrankung auslösen. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Viele durch chronisches Trinken ausgelöste Alkoholschäden sind reversibel. Durch anhaltende Abstinenz können sich Körper und Psyche häufig regenerieren. Betroffene können zurück in ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben finden.
Professionelle Hilfe: An wen kann ich mich mit einem Alkoholproblem wenden?
Hausarzt
Nur wenige Alkoholiker schaffen den Sprung aus der Suchtspirale ohne Unterstützung. Deshalb gibt es zahlreiche Anlaufstellen für Betroffene und deren Angehörige. Der erste Ansprechpartner ist meist der eigene Hausarzt. Bei diesem können sich die Alkoholiker in vertrauensvoller Atmosphäre einem Experten anvertrauen, wichtige Infos über Entzugsmöglichkeiten erhalten und unter Umständen sogar direkt mit einem ambulanten Entzug beginnen.
Suchtberatung und Selbsthilfegruppen
Eine Alternative zum Hausarzt bieten Suchtberatungsstellen, die meist von öffentlichen oder privaten Trägern finanziert werden. Hier können Betroffene, aber auch Angehörige, Informationen über Therapien erhalten und bekommen Hilfe in Bezug auf die damit zusammenhängenden Formalitäten. Für alle, die sich mit Gleichgesinnten austauschen möchten, bieten auch Selbsthilfegruppen Unterstützung.
Entzugsklinik
Der direkteste Weg, um mit dem Trinken aufzuhören, führt in eine spezialisierte Entzugsklinik für Alkohol. Eine der bekanntesten ist die My Way Betty Ford Klinik. Hier können Betroffene einen qualifizierten Entzug durchführen und von einer körperlichen Entgiftung sowie einer psychischen Entwöhnung profitieren. Selbstzahler und Privatpatienten genießen hier besondere Vorteile: Eine schnelle, unbürokratische Aufnahme, kurze Wartezeiten sowie eine enge Verzahnung von körperlicher Entgiftung und psychischer Entwöhnung. Der letzte Punkt ist besonders wichtig, denn nur wenn Suchtursachen identifiziert und aufgearbeitet werden, erhöht sich die Chance, langfristig abstinent zu bleiben.